Rekordansturm auf die Dokumente der EU-Verwaltung

Seit 2000 stiegen die Einsichtsgesuche in der EU-Kommission von 450 auf 6361. (Foto: Keystone)

Europäische Bürger beantragen häufiger Zugang zu Kommissionsdokumenten als jemals zuvor:In den letzten zehn Jahren vervielfachten sich die Antragszahlen.

Das Interesse der europäischen Bürgerinnen und Bürgern an der Arbeit der Kommission wächst stetig und erfasst immer mehr Politikfelder. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle Jahresbericht über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten. Die Zahl der Anfragen stieg 2010 um 18 Prozent.

2010 gingen bei der Kommission insgesamt 6 361 Anträge auf Zugang zu Dokumenten ein. Im Vorjahr waren es 5 401– und gerade mal 450 vor zehn Jahren. Angefordert wurden sowohl einzelne Dokumente als auch vollständige Dossiers zu verschiedenen Verwaltungsverfahren. Die zahlreichen Anfragen nach Dokumenten, die bereits öffentlich zugänglich waren, sind darin nicht enthalten.

Laut Vizepräsident Maroš Šefčovič zeigen diese Zahlen ein wachsendes Interesse an den Aktivitäten der Kommission. «Die Freigabe von Dokumenten liegt häufig im öffentlichen Interesse und trägt maßgeblich zu mehr Transparenz bei», sagt er. Mehr Transparenz stelle sicher, dass sich die Kommission einer kritischen Öffentlichkeit stellten.

Das grösste Interesse galt der Wettbewerbspolitik; fast jede zehnte Anfrage betraf diesen Politikbereich, gefolgt von Justiz und Inneres, Verkehr und Energie, Binnenmarkt und Umwelt. Die meisten Anträge kamen von Personen oder Organisationen in Belgien (18 Prozent), dicht gefolgt von Deutschland (17  Prozent).

Unter genau festgelegten Voraussetzungen (Verordnung (EG) Nr. 1049/2001) kann die Kommission die Freigabe eines Dokuments verweigern. Allerdings wurde in mehr als 80 Prozent uneingeschränkter Zugang gewährt. Die wichtigsten Gründe für die Ablehnung eines Erstantrags waren 2010: Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten; Schutz des Entscheidungsprozesses der Kommission und Schutz geschäftlicher Interessen. Diese Transparenzquote ist in der Schweiz einiges tiefer.

Zahlreiche Anträge an die EU-Kommission betreffen laut Jahresbericht spezifische private Interesse. So beantragen Beschwerdeführer bei Vertragsverletzungsverfahren, Wettbewerber oder angebliche Opfer wettbewerbswidrigen Verhaltens im eigenen Interesse Einsichtnahme in Dokumente, die jedoch nicht freigegeben werden können, ohne die rechtmässigen Interessen die Gegenpartei zu beeinträchtigen.

In dem Bericht wird herausgestellt, dass die Prüfung solcher Anträge einen erheblichen Verwaltungsaufwand erfordert und umfangreiche öffentliche Mittel bindet. Allerdings dürfte die jüngste Rechtsprechung des Gerichtshofs, auf die in dem Bericht ebenfalls verwiesen wird, dazu beitragen, einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen herbeizuführen und Anträge effizienter zu bearbeiten


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Der Jahresbericht 2010 über den Zugang zu Dokumenten der EU-Kommission ist hier abrufbar.